|

Ab wann können Kinder laufen?

Die ersten Schritte des eigenen Kindes sind für Eltern ein großer und bedeutender Meilenstein. Da das Laufen eine komplexe motorische Fähigkeit ist, müssen viele Faktoren aufeinander abgestimmt sein. Die meisten Babys tasten sich langsam heran und üben sich zuerst im Krabbeln und Sitzen. Andere wiederum gehen vom Robben, Kriechen oder Rutschen direkt ins Laufen über.

Wann ein Baby seine ersten Schritte macht, lässt sich nicht pauschal sagen. Bis Kinder einmal lebendig durch die Gegend stampfen und hüpfen, ist es allerdings ein langer Weg. In der Regel beginnen Kinder ab dem neunten Monat damit, sich an Möbeln wie Stühlen, Tischbeinen oder Sofas hochzuziehen.

Doch oftmals entscheidet sich ein Baby auch erst mit rund 15 Monaten dazu, die Welt auf zwei Beinen entdecken zu wollen. Die Entwicklungsspanne ist groß. Wer sich als Eltern darin schwertut, geduldig zu bleiben, kann sein Baby in gewisser Weise fördern, sofern es bereits über die körperlichen Voraussetzungen verfügt und großes Interesse am Lernen und Entwickeln zeigt. Von Lauflernhilfen sollten jedoch die Finger gelassen werden.

Darauf kommt es an

Ist das Laufen erst einmal gelernt, wird es mit der Zeit zu einem automatischen Bewegungsablauf. Doch der Weg dahin kann für so manchen Nachwuchs anstrengend und steinig sein, denn beim Laufen müssen viele Körperteile aufeinander abgestimmt zusammenarbeiten. Der Vorgang des Laufens ist ein bis ins Detail ausgefeiltes Zusammenspiel von Muskeln und Gehirn.

Im Durchschnitt legt ein Kind um die 14 000 Schritte zurück, bis es ohne Unterstützung frei und sicher laufen kann. Auf dem Weg dahin fällt es als Laufanfänger durchschnittlich 100-mal auf den Boden, bis der Gang einwandfrei funktioniert. Neben Knochen, Sehnen, Bändern und Muskeln sind an der motorischen Bewegung unserer Gliedmaßen auch unsere Nerven und Sinne beteiligt.

Tatsächlich erfolgt der erste Schritt gar nicht auf Grund und Boden, sondern in unserem Gehirn in Form einer Planung. Nachdem die gewünschte Bewegung im Gehirn “geplant“ wurde, sendet dieses wiederum über unser Rückenmark einen Nervenimpuls an den entsprechenden Muskel. Danach kommen die Motoneuronen zum Einsatz, die dafür Sorge tragen, dass unsere Beine eine zielgerichtete Bewegung einnehmen.

Was auf den ersten Blick ein sehr komplexer Ablauf ist, erfolgt später einmal völlig automatisiert im Autopiloten. Bis es aber erst einmal soweit ist, ist viel Übung und Durchhaltevermögen erforderlich.

An jeder Bewegung sind verschiedene Komponenten beteiligt. Ohne die Planung im Gehirn erfolgt keine Weiterleitung des Nervenimpulses an die Muskeln, ohne welche sich unsere Gliedmaßen nicht bewegen würden.

Ohne Muskeln kein Erfolg

Unsere Beinmuskulatur trägt unser gesamtes Körpergewicht von A nach B und besteht deshalb aus großen und starken, nicht zwingend sichtbaren Muskeln. Ein Säugling, der das Licht der Welt erblickt, nachdem er ganze neun Monate im Mutterleib verbracht hat, muss sämtliche Muskeln unseres Körpers erst noch aufbauen.

Dies erfordert eine Menge Zeit und Training. Neben der Beinmuskulatur sind auch Rücken und Nacken am Laufen beteiligt, sodass das Baby erst einmal damit beschäftigt ist, alle drei Komponenten ausreichend zu trainieren, bevor es mit den ersten Gehversuchen starten kann.  Für die Bildung der Rücken- und Nackenmuskulatur werden meist einige Monate beansprucht.

Ab wann können Kinder laufen
Quelle: BZgA, kindergesundheit-info.de

Erst, wenn beides in gewissem Maße ausgeprägt ist, ist das Baby in der Lage, den Kopf selbständig anzuheben und sich anschließend auch rücklings mittels einer Drehung auf den Bauch zu platzieren. In vielen Fällen beginnen die Babys sodann, sich auf dem Boden hin und her zu robben und zu krabbeln. Einige Babys überspringen diese Phase jedoch auch und gehen gleich zum Laufen über.

Da sich die Beine von Babys ständig in Bewegung befinden, sei es beim Strampeln, Strecken, Wickeln oder auch beim Grenzen-Austesten, kann sich die Muskulatur der Kleinen Stück für Stück weiterentwickeln und stärker werden. Im Regelfall kann ein Baby im Alter von neun oder zehn Lebensmonaten bereits die Knie beugen und sich rein aus dem Stand ohne Hilfe wieder hinsetzen.

Der Griff nach den Sternen – oder nach dem Hosenbein

Bevor das Baby auf eigenen Beinen steht und läuft, versucht es in der Regel zuerst, sich an Hosenbeinen oder Möbelstücken hochzuziehen. Denn bereits das erfordert viel Koordination und Gleichgewicht, worin sich die Kleinen erst noch üben müssen. Damit sich Kleinkinder aber überhaupt erst an Möbeln und Beinen festhalten und in der Folge auch hochziehen können, benötigen sie einen sicheren und festen Griff.

Mithilfe von Spielzeug und dem Kontakt unserer Hände und Finger, lernen sie, nach Gegenständen zu greifen und sich an uns Menschen festzuhalten. Im Alter von etwa acht bis zehn Monaten verfügt ein Baby sodann über ausreichend Griff und Muskelkraft, um sich von alleine hochzuziehen. Der Grundbaustein für das Laufen an der Hand ist gemacht.

Aller Anfang ist schwer

Mit Vollendung des ersten Lebensjahres ist es bei den meisten Babys dann soweit: die ersten Schritte sind getan, oftmals auch schon ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Doch allzu weit kann der Nachwuchs sich noch nicht fortbewegen. Zwar werden die Bewegungsabläufe für das Kind immer vertrauter, doch die Bewegung auf den eigenen Beinen ist zu Beginn recht unsicher und holprig, sodass viele Kinder bereits nach wenigen Schritten wieder im Vierfüßlerstand oder in Mamas Armen landen. Kein Wunder, schließlich kommt nun für das Kind eine weitere Körperhälfte hinzu, die von den eigenen Beinchen getragen werden will.

Das begünstigt den Entwicklungsfortschritt des Kindes

Eltern können ihren Babys das Laufenlernen erleichtern, indem sie den Nachwuchs mit gesunder Ernährung versorgen und ihm ausreichend Möglichkeit bieten, den eigenen Bewegungsdrang ausgiebig ausleben zu können. Gesunde Ernährung ist schon allein deshalb wichtig, weil es dem Baby grundsätzlich die besten Voraussetzungen für eine ideale Entwicklung ermöglicht.

In Bezug auf das Laufenlernen spielt die Ernährung insofern eine Rolle, dass sie das Baby mit ausreichend Energie versorgt, die in einer so anstrengenden Entwicklungsphase unbedingt erforderlich ist. Außerdem ist es wichtig, das Baby vor Übergewicht zu bewahren, da dies einerseits nachteilig für die Gelenke ist, und es dem Kind andererseits das Laufenlernen um einiges erschwert – denn mehr Gewicht erfordert wiederum mehr Balance und Koordination.

Die ausreichende Möglichkeit zur Bewegungsentwicklung ist zusätzlich ein wichtiger und teilweise entscheidender Faktor, denn erst durch das Sammeln von Erfahrungen und Sinneseindrücken kann sich das Baby erfolgreich weiterentwickeln. Demnach gelingt es Kleinkindern, die sich viel im Freien aufhalten, deutlich einfacher und auch zeitlich früher, die ersten erfolgreichen Schritte zu tätigen.

Der frühkindliche Schreitreflex

Viele Babys führen in den ersten Lebenswochen bzw. Lebensmonaten Primitivreflexe aus, die von äußeren Reizen ausgelöst werden. Einer davon ist der Schreitreflex. Werden Babys unter den Achseln in der Luft gehalten, während sie mit den eigenen Fußsohlen eine Unterlage berühren, so machen sie automatisch Schreitbewegungen.

Dies hat jedoch nichts mit dem eigentlichen Erlernen vom Laufen zu tun, denn bei den frühkindlichen Primitivreflexen wird das Großhirn überhaupt nicht beteiligt. Im Gegenteil, mit der Entwicklung des Großhirns werden die Reflexe unterdrückt und nehmen wieder ab. So ist der Schreitreflex in der Regel ab dem dritten Lebensmonat bereits wieder gänzlich verschwunden.

Wann laufen Kinder denn nun?

Kinder entwickeln sich unterschiedlich schnell, weshalb sich Eltern grundsätzlich erstmal keine Sorgen darüber machen müssen, falls das eigene Kind eine verzögerte Bewegungsentwicklung an den Tag legt. Solange es den motorischen Fähigkeiten wie Robben, Rutschen, Krabbeln und Sitzen nachgeht, besteht kein Grund zur Sorge.

Jedes Kind lässt sich die Zeit, die es benötigt, unabhängig davon, ob es ein Junge oder Mädchen ist, auf welche Weise es geboren wurde, oder ob es häufig im Kinderwagen transportiert wird. All das hat auf die Bewegungsentwicklung des Kindes keinen Einfluss. Worauf es hingegen ankommt, sind die oben genannten Punkte: Verfügt das Kind über ein gutes Körpergefühl? Wie gestaltet sich die Ernährung? Darf es sich ausreichend bewegen, strampeln, die Füßchen ausstrecken und die Welt erkunden?

Je nachdem, welche Voraussetzungen für das Kind geboten sind, beginnt es bereits mit acht oder neun Monaten mit den ersten Gehversuchen. Andere hingegen beginnen erst mit 12 bis 16 Monaten, auf den eigenen Beinen zu stehen. Sollte das Kind jedoch mit 16 oder gar 20 Monaten noch immer nicht laufen, ist es ratsam, dem Kinderarzt oder der Kinderärztin einen Besuch abzustatten, um mögliche Krankheiten oder gesundheitliche Einschränkungen des Kindes auszuschließen.

Was viele außerdem nicht wissen: Das Lauftraining beginnt bereits lange Zeit vor dem eigentlichen Laufen. Schon das Strampeln, welches bereits im Mutterleib beginnt, bereitet die Babys auf die spätere Bewegungsentwicklung vor. Durch das Treten gegen die Gebärmutterwand versucht der noch ungeborene Säugling, seinen Bewegungsdrang innerhalb des eingeschränkten Raumes auszuleben.

Viele Eltern neigen dazu, sich an sogenannten Entwicklungstabellen zu orientieren. Bei den eingetragenen Werten handelt es sich jedoch um Durchschnittswerte, die bei Eltern schnell zu Verunsicherung führen können.

Was sollten Eltern beim Laufenlernen des Kindes beachten?

Kinder entwickeln sich individuell. Der Fortschritt des eigenen Babys sollte deshalb nicht mit dem der anderen Kinder verglichen werden. Außerdem benötigen auch Babys regelmäßig Zuspruch und Ermutigung, um Niederlagen wegstecken zu können. Eltern sollten ihrem Nachwuchs deshalb nicht nur physisch eine Stütze sein, sondern ihm bei jedem neuen Versuch die Angst nehmen, wieder auf dem Hintern zu landen. Sollte es dennoch wieder schief gehen, ist es wichtig, das Baby stets weiter zu ermutigen.

Viele Eltern ziehen dem Baby zum Laufenlernen sogenannte Lauflernschuhe an oder packen die zarten Füßchen gar in Schuhe mit fester Sohle. Von letzterem ist unbedingt abzuraten, da der Kinderfuß eine weiche Sohle benötigt, um das richtige Abrollen zu erlernen. Lauflernschuhe sind deshalb definitiv die bessere Wahl, obwohl selbst diese nicht zwingend notwendig sind.

Am besten lernt das Kind sockig oder barfuß das Laufenlernen.

Bei Socken sollten solche mit Stoppernoppen an der Fußsohle gewählt werden, damit das Baby nicht ausrutschen kann und vor einem Sturz bewahrt wird. Auch Lauflernhilfen bzw. Geräte, die dem Baby als Unterstützung beim Laufen dienen sollen, sind wenig empfehlenswert, denn das Kind trainiert sich dadurch eine Fehlhaltung an. Auch die Muskeln können sich aufgrund dieser Lauflernhilfen nicht entsprechend bilden, wodurch das Baby letztlich keinerlei Profit davonträgt.

Eltern können ihr Kind also nicht zum Laufenlernen zwingen. Weder Lauflernhilfen oder sonstige Motivationsversuche bewirken nicht das, was die Eltern sich erhoffen. Das Kind wird anfangen, wenn es sich bereit dazu fühlt. In einigen Fällen geschieht das noch vor dem ersten Lebensjahr, andere Kinder lassen sich wiederum Zeit bis sie 16 Monate alt sind.

Eltern können das Laufenlernen aber fördern, indem sie ihrem Baby genug Freiraum zur Bewegungsentwicklung geben und gemeinsam mit ihm die Welt erkunden, sodass das Baby automatisch hungrig wird nach „Mehr“. Auch Krabbelgruppen können förderlich sein, denn diese familienergänzenden Einrichtungen bilden für das Baby eine sichere, vertrauensvolle Umgebung, in der das Kind die eigenen Entwicklungsprozesse besser verstehen und umsetzen kann.

Zusammenfassung

Wenn Babys laufen lernen, ist das Staunen groß. Anfangs noch auf jede elterliche Unterstützung angewiesen arbeiten sich Babys vom Liegen ins Sitzen, vom Krabbeln ins Stehen, bis sie letztlich ihre ersten erfolgreichen Gehversuche ohne äußere Hilfe meistern. Die motorische Entwicklung, die ein Kind im ersten Lebensjahr hinter sich bringt, ist beachtlich. Dennoch sind sich viele Eltern unsicher über den Entwicklungsstand des eigenen Kindes und geben dem Baby nicht genug Zeit und Raum zur Verwirklichung. Gesagt sei jedoch, dass jedes Baby seine eigene, individuelle Entwicklung zurücklegt und sich hierbei auch nicht drängen oder aufhalten lässt – die Entwicklung anderer Kinder sollte für Eltern aus diesen Gründen keinesfalls als Maßstab dienen.

Quellen und weiterführende Links

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert